Jedes Jahr erleiden in Deutschland ca. 270.000 Menschen einen Schlaganfall und etwa 273.000 Menschen ein Schädel-Hirn-Trauma (SHT). Bei etwa 20% dieser Patienten kommt es zu Sehstörungen, die sich unter anderem als Hemianopsie oder Quadrantenanopsie ausprägen können.
Obwohl sich Sehstörungen unmittelbar nach einer neurologischen Schädigung oder Erkrankung häufig von selbst bessern, verbleibt bei vielen Personen mit Gesichtsfeldausfall eine deutliche Einschränkung ihrer visuellen Wahrnehmungsleistung.
Als Gesichtsfeld wird der Bereich bezeichnet, der bei unbewegtem, geradeaus gerichtetem Blick wahrgenommen werden kann. Das Gesichtsfeld beschreibt sozusagen die Größe und Auflösung des Bildes, das wir sehen. Das scharfe Sehen findet in der Mitte unseres Blickes statt und zu den Seiten(peripheres Sehen) nehmen wir alles unscharf wahr. Hier werden vor allem Bewegungen erkannt.
Nach einem Schlaganfall, Schädel-Hirn-Trauma oder auch einer Tumorerkrankung können Teile des Sehvermögens verloren gehen oder nur noch unvollständig funktionieren. Ursache sind geschädigte Gehirnareale, welche die Sehverarbeitung beeinträchtigen.
Ein Gesichtsfeldausfall hat nichts mit verringerter Sehkraft der Augen zu tun. Vielmehr können die Umwelteindrücke, die wir über die Augen aufnehmen, im Gehirn nicht mehr vollständig abgebildet werden. Betroffene sehen in den defekten Bereichen ihres Gesichtsfeldes entweder gar nichts, verwischt, grau oder verzerrt. Solche Beeinträchtigungen können je nach Schädigungsort unterschiedlich ausgeprägt sein.
Halbseitiger Gesichtsfeldausfall
Beispiel: Homonyme Hemianopsie nach links
Bei einer Schädigung der Sehbahn kann bei beiden Augen die gleiche Seite betroffen sein. So kann die betroffene Person in diesem Fall links von der Mitte nichts mehr sehen.
Ausfall eines Viertels des Gesichtsfeldes
Beispiel: Quadrantenanopsie nach rechts oben
Die Einschränkung kann auch einen kleineren Bereich betreffen. Bei einer Quadrantenanopsie ist etwa ein Viertel des Gesichtsfelds in Mitleidenschaft gezogen.
Skotom
Parazentrales Skotom nach rechts
Gesichtsfeldausfälle können sich auch als einzelne fleckenförmige blinde Stellen ausprägen. Im Beispiel führt ein parazentrales Skotom bei dem Betroffenen zu erheblichen Einschränkungen, weil der zentrale Sehbereich mit betroffen ist.
Tunnelblick
Infolge von Einschränkungen des peripheren Sehens können Betroffene nur noch einen engen zentralen Ausschnitt des Gesichtsfeldes überblicken.
Probleme im Alltag
Durch ihr eingeschränktes Sehvermögen fühlen sich Betroffene im Alltag durch die Flut an Reizen oft überfordert und orientierungslos. Hinzu kommt die Hilflosigkeit, da die Sehbehinderung auf den ersten Blick für andere nicht sichtbar ist. Dies kann bis hin zu psychischen Probleme, Vereinsamung und Depression führen.
Die Betroffenen erkennen nur noch Teilbereiche ihrer Umwelt. Sie übersehen Hindernisse wie Bordsteinkanten oder Türpfosten. Auch Hobbys wie lesen, Sport oder Handarbeiten sind oft nur eingeschränkt oder gar nicht mehr möglich.
Abhilfe können beispielsweise computergestützte Sehtherapien schaffen, die zum Ziel haben, die Einschränkung besser zu kompensieren, oder Sehfunktionen wieder herzustellen.
Methoden und Techniken in der neurovisuellen Rehabilitation
Kompensationstraining
Mit Hilfe kompensatorischer Übungen kann systematisch gelernt werden, sich besser mit der Behinderung zu arrangieren und mit Blick- und Augenbewegungen Ausfälle des Gesichtsfeldes zielgerichtet auszugleichen. Hier erfahren Sie mehr.
Restitutionstraining
Neben der Kompensation besteht aber auch die Möglichkeit, dass Sehfunktionen durch therapeutische Interventionen wiederhergestellt werden können. Diesen Weg verfolgen restitutive Verfahren, wie die visuelle Restitutionstherapie (VRT). Hier werden die geschädigten Nervenzellen direkt stimuliert und funktionell wieder aktiviert. Ziel ist es, die Gesichtsfeldausfälle zu verkleinern, die Alltagseinschränkungen zu reduzieren und darüber Handlungskompetenzen zurück zu gewinnen. Hier erfahren Sie mehr.
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