Warum einige Schlaganfallpatienten an einem Gesichtsfeldausfall leiden- und andere nicht

Patienten, die vor kurzem einen Schlaganfall erlitten haben, berichten Ihren Ärzten häufig, dass sie Sehschwierigkeiten auf einem Auge haben. Obwohl bestimmte Bedingungen diesen Eindruck entstehen lassen können, sind schlaganfallbedingte Sehstörungen im Regelfall keine Folge einer Schädigung der Augen. Viel wahrscheinlicher ist der Sehverlust auf eine Schädigung des Teils des Gehirns zurückzuführen, in welchem die visuellen Informationen vom Auge verarbeitet werden.

Gemäß „stroke.org“ erleben bis zu 66% der Menschen, die einen Schlaganfall erlitten haben, eine Veränderung ihres Sehvermögens. Abgesehen von den Sehschwierigkeiten als solchen, können diese Veränderungen auch negative Auswirkungen auf die Genesung insgesamt haben. Verminderte Koordination und Gleichgewichtsprobleme sind keine Seltenheit. Zum Glück verbessern sich Sehstörungen manchmal von allein, in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle ist jedoch eine spezifische Rehabilitation erforderlich.

Warum erleiden Patienten einen Gesichtsfeldverlust?

Da Sehverlust nach einem Schlaganfall fast ausschließlich neurologisch bedingt ist, hängt dessen Auftreten davon ab, in welcher Region des Gehirns der Schlaganfall geschehen ist. Da die visuelle Verarbeitung im menschlichen Gehirn im Okzipitallappen (hinterste Teil des Gehirns) erfolgt, führt ein Schlaganfall in dieser Region sehr oft zu einem Gesichtsfeldausfall.

Sehbahn
Gehirn-Sehrinde

Aber auch wenn die Sehbahn betroffen ist, die die visuellen Informationen zum Okzipitallappen transportiert, kann es zu einem Verlust von Gesichtsfeld kommen

Welche Arten von Gesichtsfeldausfall gibt es?

Etwa 20% der am Schlaganfall Erkrankten wird einen permanenten Gesichtsfeldausfall davon tragen. Diese Gesichtsfelddefizite manifestieren sich gewöhnlich als Flecken oder blinde Stellen im Gesichtsfeld. Patienten können unterschiedliche Arten von Gesichtsfeldverlust erfahren, die häufigsten Vorkommnisse haben wir hier dargestellt:

Hemianopsie ist die häufigste Art der Seheinschränkung nach einem Schlaganfall. Der Betroffene ist in der Hälfte seines Gesichtsfeldes blind. Bei einem Schlaganfall in der linken Hemisphäre Ihres Gehirns kann das rechte Gesichtsfeld beider Augen beeinträchtigt sein. Bei einem Schlaganfall in der rechten Hemisphäre Ihres Gehirns hingegen kann es zu einer Einschränkung des linken Gesichtsfeldes beider Augen kommen.

Zeitung mit Hemianopsie nach links

Quadrantenanopsie ist einer Hemianopsie ähnlich, jedoch betrifft die Gesichtsfeldeinschränkung ein Viertel des Gesichtsfeldes beider Augen, nicht die gesamte Hälfte.

Fahhradfahrer mit Quadrantenanopsie nach rechts oben

Skotom bezieht sich auf den Ausfall eines kleineren Gesichtsfeldbereiches, eines „Fleckens“ im Gesichtsfeld. Auch ein kleines Skotom kann im zentralen Gesichtsfeld sehr störend sein und die Lesefähigkeit stark einschränken.

Oma mit Enkel auf dem Schoß, Skotom verdekt das Gesicht des Enkels

Der Begriff Tunnelblick ist ziemlich selbsterklärend, er bezieht sich auf Verlust des peripheren Sehens(zum Rand hin), was den Eindruck hinterlässt, man würde durch einen Tunnel sehen. Dies ist eine bilaterale Gesichtsfeldeinschränkung, für die beide Hemisphären des Gehirns von einer Schädigung betroffen sein müssen.

Tunnelblick im Supermarkt

Auswirkungen von Gesichtsfeldverlust auf das tägliche Leben

Patienten, die unter einem erheblichen Gesichtsfeldverlust leiden, können in Hindernisse laufen, über diese stolpern oder sogar hinfallen. Sie werden von Menschen oder auch Gegenständen überrascht, die anscheinend plötzlich aus dem Nichts (aus dem blinden Bereich) auftauchen. Sie verlieren im Straßenverkehr und auf überfüllten Plätzen schnell die Orientierung und finden ihren Weg nicht mehr. Daher wagen sich viele aus Angst nicht mehr allein aus dem Haus oder in die Öffentlichkeit. Im Supermarkt nach Waren im Regal zu suchen ist für viele ein Alptraum. Beim Essen kann es schnell geschehen, dass im eingeschränkten Sehbereich ein Glas umgeworfen oder Besteck versehentlich vom Tisch gewischt wird, daher scheuen sich viele, eine Einladung zum Essen anzunehmen oder in ein Restaurant zu gehen.

Häufig ist auch das Lesen einer Zeitung oder eines Buches sehr mühsam geworden, man findet oft den Zeilenanfang nicht oder verliert das Zeilenende, und benötigt sehr viel Zeit, um einen kleinen Textabsatz zu erfassen – es macht einfach keinen Spaß mehr.

Auch wenn Sie einen Gesichtsfeldausfall nach einem Schlaganfall nicht verhindern können, gibt es Dinge, die Sie tun können um wieder so gesund wie möglich zu werden. Ein Arzt oder Therapeut kann die Art und das Ausmaß des Gesichtsfeldausfalls genau diagnostizieren und eine geeignete Rehabilitation mit Ihnen planen. Durch diese Rehabilitationsmaßnahmen kann sehr häufig eine gute Kompensation des Ausfalls und erfolgreiches Zurechtkommen im Alltag, oft auch eine Verbesserung der Sehfunktionen bzw. Reduzierung der Seheinschränkung erreicht werden.